Der Tod im Internet

Was passiert mit den Daten, wenn ein Mensch stirbt?

Marwin H. Roth, Rechtsanwalt

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Versterben Menschen, die im Netz aktiv waren, hinterlassen sie häufig erhebliche regelungsbedürftige Verhältnisse. Dazu gehören Kommunikationsanbieter (E-Mail-Accounts, kostenpflichtige Abonnements, vor allem aber auch Dateien, Daten und Bilder). Betroffen sind nicht nur Computer, sondern auch Smartphones, Telefonanlagen, iPads, Socialmedia-Mitgliedschaften wie z.B. Facebook, Instagram, Link-in, Xing, u.a.

Die meisten Menschen hinterlassen digitale Spuren.

Was passiert mit den Daten, wenn ein Mensch stirbt.

Ohne Zugangsdaten kann der Erbe dann kaum etwas erreichen. Sind die Provider zudem im Ausland ansässig und stehen insbesondere die Server in den USA oder in anderen Ländern wird es meist ganz schwierig für die Erben. Die Anbieter beziehen sich darauf, dass das anzuwendende Recht das Recht beispielsweise der USA ist und akzeptieren die Erben in Deutschland nicht. Teilweise werden Todesmeldungen bezüglich eines Mitglieds damit beantwortet, dass dann dieses Mitglied als „verstorben“ gekennzeichnet wird (Facebook) und sämtliche Daten auf einem „virtuellen Friedhof“ abgelegt werden. Dort kann man nichts mehr aktivieren oder an irgendwelche Daten oder Fotos herankommen.

Viele dieser meist virtuellen Dateien, auch solche, die in einer Cloud mit einem Codewort abgespeichert sind, beinhalten persönliche Informationen und Daten des Verstorbenen. Eltern wollen häufig dann natürlich mehr über verstorbene Kinder wissen, aber auch umgekehrt. Nun hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 12.07.018 (Az: III ZR 183/17) zu der Frage, wem die Rechte am Inhalt von Facebook-Dateien zustehen, wenn eine 15-jährige Tochter, die von den Eltern beerbt wurde, Nutzerin von Facebook war, entschieden. Facebook hatte sich immer darauf zurückgezogen, dass Erben keinen Zugriff auf die Nutzungsdaten haben dürften.

Der Bundesgerichtshof hat in dem obigen Urteil dieser Praxis ein Ende gesetzt. Die Richter wägten ab, ob der Vertrauensschutz Dritter, die mit den Verstorbenen korrespondiert hatten, höher einzustufen sei, als der Vertrauensschutz eines Menschen, der einem anderen Menschen einen vertraulichen Brief schreibt. Verstirbt der Empfänger eines vertraulichen Briefs, erlangt sein Erbe automatisch Besitz und Eigentum an dem Brief und kann ihn auch lesen. Für den BGH macht es im Ergebnis deshalb keinen Unterschied, ob jemand digital korrespondiert oder auf dem Papier. Die Handhabung dieser Fälle durch Facebook und auch andere Provider haben die digitalen Dateien jedoch anders beurteilt. Der BGH hat jetzt festhalten, dass der Erbe – insbesondere wenn dies ausdrücklich sogar testamentarisch geregelt ist – die Dateien inklusive der Korrespondenz einsehen darf.

Folglich hat sich seit Mitte 2018 die Rechtslage für Erben verbessert, ist es jedoch nach wie vor sinnvoll, in ein Testament ausdrücklich hineinzuschreiben, dass die Erben das Recht haben sollen, auch alle digitalen Dateien einsehen zu können und nutzen zu können.

Weiter ist empfehlenswert außerhalb testamentarischer Regelung Passwörter so abzuspeichern, dass Erben später ohne Probleme diese finden und damit auch ohne eine anstrengende Korrespondenz mit Facebook und Co. Daten einsehen können.

Marwin H. Roth
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht, Saarbrücken